Im Beleuchtungsprozess zur Entscheidung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) für ein Asse-nahes Zwischenlager ist ein wesentliches Etappenziel erreicht: Die Projektgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Asse-2-Begleitgruppe (A2B) und des Bundesumweltministeriums (BMU) konnte sich unter der Moderation des Niedersächsischen Umweltministeriums (NMU) auf ein Expertenteam verständigen, das den Entscheidungsprozess kritisch beleuchten soll. Damit ist die letzte Voraussetzung geschaffen und die zwischen der A2B, dem BMU und dem NMU verabredete Prüfarbeit kann starten.
Zum 01. Juni 2021 werden zunächst drei unabhängige Experten unterschiedlicher Fachrichtungen mit ihrer Prüfarbeit beginnen und die Entscheidung der BGE für ein Asse-nahes Zwischenlager anhand von acht (Vgl. unten) gemeinsam entwickelten Fragestellungen kritisch hinterfragen. Die Projektgruppe aus A2B und den beiden Ministerien wird die Experten weiter begleiten.
Folgende Experten wurden benannt: Christian Küppers, Diplom-Physiker und stellvertretender Bereichsleiter Nukleartechnik & Anlagensicherheit vom Öko-Institut, Herbert Bühl, Diplom-Geograph, Büro Winzeler und Bühl Raumplanung und Regionalentwicklung Schaffhausen, Dr. Peter Hocke-Bergler, Leiter Forschungsgruppe „Endlagerung als soziotechnisches Projekt“ am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) Karlsruhe.
In einem gemeinsamen Kick-Off Gespräch wurde den Experten am Dienstag (01.06.2021) der Auftrag erläutert und ein gemeinsames Verständnis von Sinn und Ziel des Beleuchtungsauftrages erreicht. Unter anderem sind ca. 100 Dokumente aus den letzten zehn Jahren zu sichten und zu bewerten. Die Experten können auch den Asse-Betreiber (BGE), die Arbeitsgruppe Optionenvergleich Rückholung (AGO) und weitere, mit dem Asse-Thema vertraute Personen hinzuziehen. Von den Experten identifizierte juristische Fragestellungen werden gezielt unter Hinzuziehung von juristischem Sachverstand bearbeitet. Wissenschaftlich fundierte Antworten sollen im Sommer 2021 vorliegen. Der Abschlussbericht wird zunächst der Projektgruppe, anschließend der A2B sowie den zuständigen politischen Gremien vorgestellt. Über die allgemein verständlich formulierten Ergebnisse wird die interessierte Öffentlichkeit transparent informiert. Die Kosten für die Expertengruppe trägt der Bund.
Christiana Steinbrügge, Vorsitzende der A2-Begleitgruppe: „Wie begrüßen es, dass das Expertengremium nun zügig mit der Arbeit beginnen kann. Diese unabhängigen Wissenschaftler werden nun von außen auf das bisherige Entscheidungsverfahren schauen und prüfen, ob die Entscheidung der BGE sachgerecht war. Dieser kritische Blick darauf, ob alle entscheidungsrelevanten Kriterien tatsächlich ausreichend berücksichtigt wurden, ist uns wichtig und unbedingt notwendig, weil im Zusammenhang mit der Standortfrage bisher nicht alle Fragen beantwortet sind.“
Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium: „Die Beleuchtung zeigt, dass uns der Begleitprozess am Herzen liegt. Ein zusätzlicher kritischer Blick unabhängiger Experten ist uns willkommen – im Interesse weiterer Sicherheit und weil wir von der Arbeit der BGE überzeugt sind. Atommüll in die Asse einzulagern, war eine historische Fehlentscheidung und Zumutung für die Menschen vor Ort. Deren Unmut kann ich gut verstehen. Umso wichtiger ist jetzt, das Asse-Problem zügig und strikt sicherheitsorientiert zu lösen, also die Rückholung rasch und so gut und sicher wie nur möglich zu vollziehen.“
Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz: „Meine persönliche Erwartung an diesen Beleuchtungsprozess ist es, dass noch einmal transparent und nachvollziehbar dargelegt wird, auf welchen wissenschaftsbasierten Gründen die Entscheidung zu einem standortnahen Zwischenlager letztendlich beruht. Ich bin froh, dass wir diesen Weg jetzt gemeinsam und unter Miteinbeziehung von unabhängigen Experten noch einmal beschreiten. Eine Entscheidung kann nur dann akzeptiert und mitgetragen werden, wenn sie nachvollziehbar ist.“
Fragestellungen:
• War die von der BGE getroffene Standortvorauswahl mit ausschließlich Asse-nahen Standorten sachgerecht?
• Welche Abstimmungsabläufe und -ergebnisse gab es zwischen Betreiber/Gutachter und A2B/AGO bei der seinerzeitigen Aufstellung des Kriterienkatalogs, der Anfertigung der beiden Parameterstudien (2014 und 2016) und bei den weiteren Planungen zum Zwischenlagerstandort? Entsprechen also die Entscheidung und der Prozess der BGE zum Asse-nahen Zwischenlagerstandort dem Kriterienkatalog von 2014/2016 und wurden insbesondere die konventionellen Kriterien hinreichend berücksichtigt?
• Wurden insbesondere die in Deutschland angewendeten Kriterien bei der Festlegung von Zwischenlagerstandorten für schwach und mittelradioaktive Abfälle hinreichend berücksichtigt?
• Hat der Betreiber seine Ergebnisse transparent und vereinbarungsgemäß gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere der A2B/AGO vermittelt?
• Hat der Betreiber bei der Entscheidungsfindung etwas Wesentliches vergessen?
• Wurden entscheidungsrelevante Kriterien nicht berücksichtigt und müssten aus heutigem Kenntnisstand weitere Entscheidungskriterien dazukommen? Diese sind im Rahmen der Beleuchtung zu beschreiben (erweiterter Kriterienkatalog).
• Wie kann gewährleistet werden, dass die Belastungen der Region in politischer, sozialer und ethischer Hinsicht in die Gesamtbewertung einbezogen und berücksichtigt werden?
• Wie kann die nach Aussage der AGO fehlende Differenzierung zwischen zeitlich nicht eingrenzbaren Prozessen (Zwischenlagerung) und zeitlich eingrenzbaren Prozessen vorgenommen und in ihren Auswirkungen einbezogen werden und muss eine Gesamtabwägung aller „Anlagenteile“ vorgenommen werden?