- Seit 2013 ist die Rückholung des Atommülls aus dem havarierten Salzbergwerk Asse 2 gesetzlicher Auftrag, konkrete Schritte zu einer Rückholung sind immer noch nicht zu sehen. Welche Vorschläge haben Sie, um den Prozess der Rückholung zu beschleunigen?
Die Kritik der Asse-Begleitgruppe an den fehlenden Fortschritten wird ausdrücklich geteilt. Seit der Veröffentlichung des Optionenvergleichs sind bald zwölf Jahre vergangen. Die Lex Asse hieß 2013 offiziell „Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II“. Dieses Ziel wurde nicht erfüllt. Ein Problem ist, dass die amtierende Bundesumweltministerin kein Interesse an Asse II zeigt. Selbst der einzige Besuch vor Ort kam nur durch Druck aus der Region und im Bundestag zustande. Solch ein Desinteresse wirkt sich auch auf das Handeln der Behörden aus. Zu erinnern ist beispielsweise an den unsäglichen Papierkrieg über zwei Jahre für die Genehmigung eines Kameraaustauschs in einer Kammer.
Einige Vorschläge zur Beschleunigung liegen teilweise seit langem auf dem Tisch:
• Fachtagung, warum die Lex Asse nicht zur Beschleunigung geführt hat und welche Schlussfolgerungen zu ziehen sind.
• Asse II zur „Chefsache“ machen. Ein Großprojekt wie die Rückholung und sichere Schließung der Asse braucht klare Vorgaben und eine enge Begleitung durch die zuständigen Minister/innen – im Dialog mit Parlamenten, Öffentlichkeit und Begleitgruppe.
• Der gesetzliche Auftrag muss in allem staatlichen Handeln (von Behörden und Betreiber) zum Ausdruck kommen.
• Prioritätensetzung der Arbeiten nach technischen und geologischen Möglichkeiten.
• Parallelisierung von Arbeiten, Antrags- und Genehmigungsverfahren sowie Prozesssynchronisation.
• Transparente Arbeits-, Projekt- und Entscheidungsstrukturen unter Einbeziehung weltweiter wissenschaftlich-technischer Expertise.
• Berücksichtigung der Vorschläge der AGO-Wissenschaftler bei der Konzeption und Umsetzung von Teilprojekten.
- Die Asse-Begleitgruppe (bestehend aus Kommunalvertretern und Vertretern der Zivilgesellschaft) hat in der Vergangenheit mehrfach die schlechte Zusammenarbeit der beteiligten Ämter, Behörden und Gesellschaften (BGE, BASE, NMU, LBEG) festgestellt und angemahnt. Wie könnte Ihrer Meinung nach eine Koordination bzw. Ressortverantwortung wahrgenommen werden?
Die politische Verantwortung muss von den Umweltministern auf Bundes- und Landesebene aktiv wahrgenommen werden (siehe Antwort zu 1.). Der Bundestag muss die politischen Strukturen in den Blick nehmen, die Behörden und den Betreiber parlamentarisch kontrollieren. Das hat DIE LINKE bereits in den letzten Jahren intensiv gemacht. Dadurch konnten einige Fortschritte erzielt werden. Einige Schlaglichter:
• Der Bundesrechnungshof rügte das Bundesumweltministerium nach einer Prüfung: „Das BMU kam seiner Ressortverantwortung für die Steuerung des Projekts Asse II nicht nach. (…) Aus den vom Bundesrechnungshof eingesehenen Unterlagen ging praktisch nie hervor, dass es sich mit den Mittelanforderungen, Organisations-/Personalentscheidungen oder Berichten (…) befasste.“ (https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/beratungsberichte/2019/2019-bericht-projekt-asse-ii).
• Im Haushaltsausschuss konnte unter wesentlicher Mitwirkung der LINKEN ein jährliches Berichtswesen des BMU und der BGE zum Sachstand bei Asse II durchgesetzt werden. Die Berichte für 2020 und 2021 wurden zwischenzeitlich vorgelegt. Dies ermöglicht eine bessere Kontrolle von BGE und BMU durch den Bundestag.
• Der Vorschlag der LINKEN zur Ernennung eines Asse-Sonderbeauftragten beim Land Niedersachsen wurde zunächst abgelehnt (https://www.t-online.de/region/id_85916636/umweltministerium-sieht-keinen-bedarf-fuer-sonderbeauftragten.html), aber rund 18 Monate später umgesetzt (https://www.stk.niedersachsen.de/startseite/presseinformationen/landeskabinett-benennt-gesamtkoordinator-fur-ruckholung-der-asse-fasser-196082.html).
• DIE LINKE hat sich regelmäßig aktiv dafür eingesetzt, dass im Umweltausschuss des Bundestages Anhörungen zum Sachstand bei Asse II durchgeführt werden und dabei auch die Vertreter/innen der Asse-Begleitgruppe angehört werden. Diese Anhörungen sind ein wichtiges Instrument, um die Abgeordneten aller demokratischen Fraktionen für den Handlungsbedarf, die Behördenfehler und die Notwendigkeit einer schärferen politischen Kontrolle zu sensibilisieren.
- Wie werden Sie dafür sorgen, dass das BMU regelmäßig am Begleitprozess teilnimmt?
- Wie werden Sie dafür sorgen, dass die Kritik, Gutachten und Stellungnahmen der Wissenschaftler aus der AGO in die Planungen und Konzepte der BGE einfließen?
In der ablaufenden Legislaturperiode hat DIE LINKE als einzige Bundestagsfraktion zu den von der Asse-2-Begleitgruppe genannten Problemen parlamentarische Anfragen eingereicht. DIE LINKE wird weiterhin mit allen parlamentarischen Möglichkeiten politischen Druck auf die Behörden und den Betreiber machen, um eine regelmäßige Teilnahme am Begleitprozess, eine sachliche und transparente Auseinandersetzung mit Kritik, den Gutachten und Stellungnahmen der AGO und eine konstruktive Fehlerkultur durchzusetzen. Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Vertreter/innen des Ministeriums, der Behörden und des Betreibers respektvoll mit der AGO und den Mitgliedern der Asse-2-Begleitgruppe umgehen. Die Behördenarroganz muss enden.
- Wie wollen Sie sicherstellen, dass auch weiterhin die benötigten finanziellen Mittel durch den Bund bis zur Bergung des Atommülls aus der Asse/Verbringung in ein Endlager zur Verfügung stehen werden?
Die sichere Schließung der Asse nach Rückholung der radioaktiven Abfälle ist gesetzlicher Auftrag und darf nicht an den Finanzen scheitern. Das ist den Menschen in der Region durch verschiedene Bundesminister/innen versprochen worden. Der Bund steht in der Pflicht, den verursachten Schaden zu beheben, damit künftige Generationen sicher in der Region leben können. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Sie hat in den letzten Jahren als einzige Fraktion parlamentarische Anfragen zur Finanzausstattung und Mittelverwendung gestellt.
- Wie stehen Sie zur Forderung, für den aus der Asse rückgeholten Atommüll eine Auftragserweiterung im laufenden Endlagersuchprozess vorzunehmen?
Auftragserweiterung im laufenden Endlagersuchprozess vorzunehmen?
DIE LINKE unterstützt die Forderung, dass die Endlagersuche auf alle Arten von Atommüll ausgeweitet werden und im Rahmen eines transparenten, wissenschaftsbasierten Prozesses mit Bürgerbeteiligung durchgeführt werden muss.
- Wie werden Sie die Erkenntnisse der unabhängigen Experten im Beleuchtungsprozess zur Standortfindung des Zwischenlagers berücksichtigen? Welche Gewichtung werden diese im Bewertungsprozess haben?
Im Wahlprogramm der Partei DIE LINKE heißt es: „Für den zu bergenden Atommüll aus dem Skandalatommülllager Asse II im Landkreis Wolfenbüttel braucht es eine faire Standortsuche für ein Zwischenlager mit größerem Abstand zur Wohnbebauung als bislang geplant.“
Bei der bisherigen Standortsuche für ein Zwischenlager sind durch den Betreiber und das Bundesumweltministerium schwere Fehler gemacht worden. Es hätte zwingend die zentrale Forderung aus dem Asse-Begleitprozess nach einem fairen Standortvergleich zwischen verschiedenen Asse-nahen und Asse-fernen Standorten durchgeführt werden müssen. Auch die Wissenschaftler der AGO rügen in ihren Stellungnahmen schwerwiegende inhaltliche und methodische Verfahrensmängel. Durch die lange Dauer der Bergung und Konditionierungwürden sich mit der jahrzehntelangen Lagerung die Belastungen an einem Ort konzentrieren.
- Wie wollen Sie sicherstellen, a) falls das Zwischenlager an der Asse entsteht, dieses nur für den aus der Asse geborgenen Atommüll genutzt wird (welche Rechtsform?) und b) nach Verbringung dieses Atommülls in ein Endlager das an der Asse errichtete Zwischenlager sofort wieder geschlossen und rückgebaut wird, um eine Nutzung für andere atomare Abfälle auszuschließen.
Zur Standortfrage siehe die Antwort zu 7. Es müssen sich alle im Klaren darüber sein, dass Gesetze geändert, Verträge gekündigt und politische Versprechen gebrochen werden können. Die Geschichte der Atommüll-Lagerung in Deutschland zeigt viele Beispiele, bei denen „günstige Gelegenheiten“ für schlechte Standortentscheidungen genutzt worden sind.