Interview mit Jan Fischer
Jan Fischer (35) ist seit 2011 Betriebsratsvorsitzender der Asse GmbH. Seit 19 Jahren ist er auf der Asse beruflich tätig, zu Anfang als Industriemechaniker, später als Industriemeister. Er war Vorarbeiter in der Werkstatt über Tage und bergmännische Aufsicht unter Tage. Zwei Jahre lang war er Oberbauleiter für den Bau der Strömungsbarrieren. Seit 2008 ist Fischer Betriebsassistent im Betriebsbüro und seit 2011 zudem Brandschutzbeauftragter.
Wir sprachen mit ihm über die Arbeiten der Asse GmbH, deren Personalaufstockung und über das Thema Rückholung.
Die Asse GmbH stockt derzeit permanent ihr Personal auf. In den letzten zwölf Monaten sind etwa 50 Mitarbeiter dazugekommen. Inzwischen ist die Belegschaft auf 324 Mitarbeiter gestiegen. Kennen Sie noch alle Kollegen?
Ich kenne nicht mehr alle. Es kommen schließlich noch 110 Mitarbeiter in Arbeitnehmerüberlassung von Fremdbetrieben zu uns, die auch vom Betriebsrat vertreten werden. Außerdem arbeiten regelmäßig Fremdbetriebe bei uns auf dem Gelände, die auch teilweise für einen längeren Zeitraum anwesend sind. Wir haben auch noch ein Bürogebäude in Remlingen bei der Firma Rematec. Ab März wird zudem ein zusätzliches Büro am Exer in Wolfenbüttel eingerichtet, weil die Kapazitäten bei uns auf dem Gelände ausgereizt sind.
Sind die neuen Mitarbeiter Bergleute? Oder verschiebt sich derzeit das Arbeitsspektrum der Asse GmbH?
Sowohl als auch. Im Bereich Baustoffanlagen haben wir eine vierte Schicht eingerichtet. Weil wir immer nur 7,5 Stunden unter Tage arbeiten können, aber 24 Stunden unten aktiv sein wollen, war dieser Schritt notwendig. Dafür sind viele Bergleute, Schlosser und Elektriker zu uns gestoßen. Aber auch in der Verwaltung haben wir aufgestockt.
Die Anbohrung der Kammer 7 wurde immer wieder verschoben. Was bedeuten diese Verzögerungen für die Beschäftigten der Asse GmbH?
Diese Situation ist sicherlich für viele unbefriedigend. Insbesondere für die zehn Mann umfassende Bohrmannschaft, die eigens für die Anbohrung ausgebildet wurde. Die haben sich rein gehängt und wollen dann auch den Erfolg haben. Die Sicherheit geht aber vor, und solange die Genehmigungen nicht da sind, müssen wir eben warten.
Nun wird bald ein so genanntes Asse-Gesetz erscheinen, welches die Vorgänge beschleunigen soll. Was erwarten Sie davon?
Ich erwarte, dass das Hickhack zwischen den Behörden endlich aufhört, und dass sich endlich alle an einen Tisch setzen und ans Ziel kommen. Erste Erfolge sind ja schon zu erkennen. Der neue Landesumweltminister Stefan Birkner hat uns jüngst bei seinem Besuch mitgeteilt, dass die neue Stickstoffanlage keine eigene Genehmigung benötigt und gebaut werden kann. Das stimmt mich optimistisch.
Rechnen Sie mit reduzierten Sicherheitsstandards für beteiligte Gruppen, die Mitarbeiter oder Anwohner?
Nein. Das möchte ich mir nicht ausmalen. Das ist ein heikles Thema. Aber eins ist klar: Bei radioaktiven Abfällen darf man kein Risiko eingehen. Andererseits muss man aber auch die Langzeitsicherheit betrachten.
Wie sieht derzeit die Arbeit unter Tage aus? Was sind die größten Baustellen?
Am meisten sind wir zur Zeit damit beschäftigt, das Anbohren der Kammer 7 auf der 750-Meter-Sohle vorzubereiten. Aber auch die Firstspaltverfüllung zur Stabilisierung der Südflanke nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Zusätzlich fallen ständig Sanierungsarbeiten an. Die Asse ist schließlich kein neues Bergwerk mehr. Eine weitere sehr zeitaufwändige Tätigkeit ist das Freimessen von Abfall und Schrott. Jedes nicht mehr benötigte Teil muss auf Radioaktivität gemessen, ausgewertet und dann freigegeben werden, bevor es das Bergwerk verlässt. Bei einem 28-Tonnen-Lader dauert ein solcher Vorgang schon mal 10 bis 14 Wochen. Der muss zunächst in Einzelteile demontiert werden, und dann wird jedes Teil einzeln freigemessen und über den Korb ausgefahren. Da die Grube sehr beengt ist, muss ein alter Lader zunächst raus, bevor wir ihn durch einen neuen ersetzen können.
Wie bereitet sich die Belegschaft auf die Probebohrung vor? Oder sind Sie seit Monaten im Wartestand?
Die Bohrmannschaft wird speziell geschult. Die Mitarbeiter werden beispielsweise in Bohrtechniken und Brandschutz eingewiesen. Die Grubenwehr wurde für Notfälle geschult. Dekontamination und Stickstoffeinleitung im Falle eines Brandes vor oder in der Kammer gehören ebenso zur Vorbereitung.
Gibt es unter den Beschäftigten eine einheitliche Meinung zum Thema Rückholung?
Die gibt es nicht. Genau wie in der Bevölkerung gibt es auch bei den Asse-Mitarbeitern unterschiedliche Meinungen. Im Allgemeinen wird über dieses Thema auch nicht sehr viel gesprochen. Wir wollen natürlich alle die beste Lösung für die Asse.
Wie sehen Sie das persönlich?
Ich finde die Vorgehensweise gut, zu prüfen, ob die Rückholung möglich ist. Bisher zieht sich leider alles zu sehr in die Länge. Wenn das Hickhack zwischen den Behörden nicht wäre, wären wir vielleicht schon ein gutes Stück weiter. Wenn es sich herausstellt, dass die Rückholung machbar ist, sind die Mitarbeiter in der Asse sofort bereit anzupacken, vorausgesetzt ihre Sicherheit ist gewährleistet.
In der öffentlichen Debatte heißt es oft: Die Sicherheit der Beschäftigten muss mit der Langzeitsicherheit des Atommüll-Lagers abgewogen werden. Werden solche Fragen im Betriebsrat diskutiert?
Das wird zur Zeit nicht diskutiert. Wir nehmen wahr, dass die Sicherheit auch in der öffentlichen Debatte Vorrang hat.
Die Bestimmungen des Atomgesetzes verzögern viele Schritte unter Tage. Würden Sie sich wünschen, die Asse würde nach wie vor unter Bergrecht behandelt?
Manchmal wünsche ich mir das tatsächlich. Es war einfach alles nicht so kompliziert unter Bergrecht. Genehmigungen wurden schneller erteilt. Wir haben den Betriebsplan ans Bergamt geschickt und dieser wurde dann relativ schnell genehmigt. Aber jetzt arbeiten wir unter Atomrecht und müssen daher auch diesen Weg gehen.
Der Betriebsrat der Asse GmbH ist in den Sitzungen der Asse-2-Begleitgruppe vertreten. Wie beurteilen Sie die Arbeit in diesem Gremium, und wie versuchen Sie sich einzubringen?
Dass dieses Gremium ins Leben gerufen wurde, beurteile ich positiv. Und die Arbeit, die die machen, finde ich gut. Wir haben dort in den Sitzungen der großen Gruppe die Möglichkeit, uns zu äußern und auf Fragen zu antworten. Ich finde es sinnvoll, dass wir auf diese Weise am Begleitprozess beteiligt werden.